Nachfolgend eine Liste von Fehlern, unter denen viele Abschlussarbeiten leiden und die Sie unbedingt vermeiden sollten:
#1 Deskriptiver Stil
Beschreiben Sie nicht einfach nur, wie die Dinge rechtlich funktionieren. Ein rein deskriptiver Stil ist wichtig für ein Arbeitshandbuch oder eine Betriebsanleitung, aber für eine wissenschaftliche Arbeit und auch für anspruchsvolle Stellungnahmen in der Unternehmenspraxis brauchen Sie viel mehr. Es reicht nicht, einen einzigen, passablen Weg aufzuzeigen. Sie sollen stattdessen in der Lage sein, mehrere Wege zu erkennen und den besten auszuwählen. Das gilt für wissenschaftliches Arbeiten gleichermaßen wie für die Unternehmenspraxis. Entwickeln Sie daher Problembewusstsein! Suchen und finden Sie Probleme, etwa die Auslegung eines wichtigen Rechtsbegriffs. Arbeiten Sie sodann die in Rechtsprechung und Schrifttum dazu vertretenen Standpunkte und die für die einzelnen Standpunkte sprechenden Argumente heraus. Entscheiden Sie den Meinungsstreit abschließend mit den aus Ihrer Sicht überzeugendsten Argumenten.
#2 Dinge vor die Klammer ziehen
Erörtern Sie Fragen dann, wenn sie logisch an der Reihe sind, nicht vorher! Wir neigen alle dazu, bestimmte Fragen vorzuziehen, um sie schon mal geklärt zu haben. Das ist nicht gut. Denn darunter leidet Ihr logischer Aufbau. Warten Sie geduldig, bis eine Frage sich tatsächlich stellt, und besprechen Sie sie tatsächlich erst dann. So verlieren Sie keine Punkte wegen eines mangelhaften Aufbaus der Arbeit.
#3 Basics
Viele BearbeiterInnen neigen dazu, über viele Seiten erst einmal in das Untersuchungsthema einzuführen. Das ist schlecht, weil Sie fähige Lesende als Adressaten voraussetzen sollen, und die kennen sich ja schon mit den Grundlagen aus. Kommen Sie daher schnell zum eigentlichen Problem und verwenden die mit Abstand meiste Zeit – und auch die mit Abstand meisten Seiten – auf die Kerndiskussion. Das ist anstrengender, als eine oberflächliche Zusammenfassung der Grundlagen zu schreiben, aber auch viel punkteträchtiger.
#4 Allgemeinplätze
Vermeiden Sie Allgemeinplätze. Wörter wie „Herausforderungen“, „Chancen“ oder „Risiken“ haben in Überschriften oder gar Titeln von Abschlussarbeiten nichts zu suchen. Unser ganzes Leben besteht aus Chancen, Risiken und Herausforderungen. Das in Headlines hineinzubringen, hat also keinerlei Informationswert. Noch schlimmer ist es, in einer Überschrift von „rechtliche Rahmenbedingungen“ zu sprechen. Erstens zeigt es, dass Sie sich mit dem Rahmen begnügen und das darin enthaltene Bild gar nicht wirklich genau besprechen wollen; hier lauert der Vorwurf der Oberflächlichkeit. Zweitens suggeriert es, dass Sie in diesem Kapitel die rechtlichen Aspekte „abfrühstücken“ und auf sie in anderen Teilen Ihrer Arbeit gar nicht mehr eingehen wollen. Das ist zweimal fatal. Denn zum einen gehören rechtliche Aspekte überall dort hin, wo sie angezeigt sind, also im Zweifel an alle Stellen Ihrer Arbeit. Zum anderen wollen Sie Ihre Arbeit doch thematisch aufbauen und nicht nach der Natur der Argumente (rechtlich, wirtschaftlich etc.); hier lauert der Vorwurf eines nicht logischen Aufbaus.
#5 Gesetze vernachlässigen
Häufig wird die Arbeit mit dem Gesetz vernachlässigt oder gar dadurch ersetzt, die Gesetze einfach abzuschreiben. Ihre Aufgabe ist es, die Gesetze anzuwenden. Dazu gehört, ihre Regelungen einzusetzen, die entsprechenden Normen zu zitieren und auslegungsbedürftige Begriffe kritisch zu betrachten.
#6 Ungenaues Zitieren
Achten Sie beim Zitieren auf Genauigkeit. § 823 BGB beispielsweise ist kein genaues Zitat, da die Norm zwei völlig unterschiedliche Anspruchsgrundlagen enthält und es Ihre Aufgabe ist, die von Ihnen eingesetzte Anspruchsgrundlage zu benennen.
#7 Indirektes Zitieren
Immer wieder kommt es vor, dass BearbeiterInnen die Entscheidung eines Gerichts heranziehen, in der zugehörigen Fußnote aber nur eine Stelle im Schrifttum benannt wird. Das ist ein Fehler, denn Sie müssen die von Ihnen zitierte Rechtsprechung direkt zitieren und nicht über Literatur. Alles andere wäre ein Beleg „vom Hörensagen“. Kommentare und Aufsätze sind zwar ein prima Fundus, um geeignete Rechtsprechung zu finden. Nachsehen müssen Sie sie aber selbst! Dies auch schon deshalb, weil viele Zitate im Schrifttum fehlerhaft sind.
#8 Verwendung nicht-wissenschaftlicher Quellen
Allzu häufig werden nicht-wissenschaftliche Quellen verwendet, etwa Blogs von Kanzleien, Schriften eines Bundesministeriums oder Gutachten politischer Organisationen und Stiftungen. Die Qualität dieser Quellen kann mitunter gut sein, aber es handelt sich trotzdem nicht um wissenschaftliche Quellen. Denn ihre Funktion ist es nicht, einen ausgewogenen Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion zu liefern, sondern Mandanten zu gewinnen, die politische Meinung zu beeinflussen oder schlicht Content auf die Websites zu bringen. Bedeutet: solche Quellen, auch Statistiken oder Presse-Artikeln, können Sie zur Untermalung oder im Einführungsteil schon in Ihrer Arbeit bringen. Als wissenschaftliche Diskussion zählen sie jedoch nicht. Daraus folgt, dass der Löwenanteil der eingesetzten Quellen den wissenschaftlichen Publikationen (online und offline!) zu entnehmen ist.
#9 Grafiken und Statistiken ohne anschließende Einordnung
Grafiken, Statistiken und andere empirische Daten sollten Sie sparsam einsetzen, weil Ihnen dadurch viel Platz verlorengeht. Falsch ist es aber nicht. Fehleranfällig ist der sich anschließende Text. Sie müssen nämlich die Daten in Ihre Untersuchungsfrage einordnen, also erklären, was Sie in diesem Datensatz erkennen und welche Bedeutung das für Ihr Thema hat. Das wird leider allzu häufig vergessen. Lesende müssen dann diesen Job selbst übernehmen, der eigentlich Ihr Job war. Das führt zu Punktabzügen.